Sagen
Die Wiege im Ruhner Berg
In einer dunklen Johannisnacht
Ging ein Mann
Von Marnitz nach Ruhn.
Mitten in der Geisterstunde erreichte er den Ruhner Berg.
Aber in der Dunkelheit
Verlor er den rechten Weg
Und wusste nicht aus noch ein.
Die Füße wurden ihm schwer wie Blei,
er konnte kaum von der Stelle kommen
und kalter Schweiß brach ihm aus allen Poren.
Da flammte plötzlich ein Lichtstrahl so hell vor ihm auf,
dass er geblendet wurde.
Als seine Augen sich aber an die Helle gewöhnt hatten,
sah er
eine goldene Wiege vor sich stehen,
die bis an den Rand mit blinkenden Schätzen gefüllt war.
Lange stand er wie fest gebannt an dem Ort,
denn er konnte sich nicht satt sehen an der Pracht.
Dann aber siegte die Gier über seine Furcht.
Er ging langsam näher
Und
Streckte seine Hand nach den Reichtümern aus.
Aber in demselben Augenblick war es ihm,
als führe eine Totenhand über den Rücken.
Der Glanz erlosch und die Wiege
Versank vor seinen Augen im Berg.
Der Geist am Ruhner Berg
Am Rande der Marnitzer Buchen
Zum Ort hin
Stand früher ein uralter Baum.
Es soll eine Buche gewesen sein.
An der Stelle ging ein Spuk um.
Manchmal konnte man dort tagsüber einen Mann antreffen.
Der stand am Baum und blickte wie abwesend in die Gegend.
Der konnte alles vorhersehen.
Der konnte auch nachts besser sehen, als am Tage.
Nur am Ruhner Berg kam er nicht vorbei.
Wer ihm nachts nicht aus dem Weg ging,
und das war im Dunkeln schwierig, den stuckte er auf den Boden.
Einem Marnitzer erging das so.
Nach dem Zusammenstoß mit dem Spuck
lag er noch Wochen im Krankenbett und
Starb im gleichen Jahr.
Der Riese Ramm
Zwischen Poltnitz und Marnitz erstreckte sich ein tiefer und unzugänglicher Wald, genannt die Ramm.
In dieser Gegend befand sich einst ein Dorf,
von dem sich nur der Flurname erhielt.
Der Ort wurde niemals in einer Urkunde erwähnt, lediglich vom Felde Ramm war 1651 die Rede.
Doch weisen Scherbenfunde in der Ramm darauf hin, dass hier tatsächlich ein Dorf gelegen hat.
Die Sage lässt an jener Stelle den Riesen Ramm hausen und kennt dazu die folgende Geschichte.
In alten Zeiten hauste der Riese Ramm im Wald unweit von Marnitz.
Einmal hatte er sich viele große Felsbrocken zusammengetragen
Und dann nach allen Seiten gebrüllt.
„Paßt upp, nu smiet ick juch alle Dörper entwei!“
(Passt auf, jetzt schmeiß ich euch alle Dörfer entzwei!)
Dann sagten die Dörfer:
„Dau dat nich, Ramm. Bliew vernünftig. Wi wulln di ok wat schenken.“
(Tu das nicht, Ramm. Bleib vernünftig. Wir wollen dir auch was schencken.)
Die Ziegendorfer schenckten ihm eine Ziege,
die Wulfsahler einen Wolf,
die Drehfahler brachten drei Fohlen,
die Drenkower einen Eimer Kirschen,
die Jarchower einen Sack Korn
und
die Griebower einen Korb voller Pilze.
Aber die Marnitzer sollten ihm ein Mädchen zur Frau bringen,
das sollte aber eine Jungfrau mit ganz reinem Herzen sein.
Da haben die Marnitzer viel herum gesucht,
konnten aber keine finden.
Zuletzt haben sie in Herzfeld ein Mädchen beschwatzt und bei ihm abgeliefert.
Das war ein toll kratzbürstiges Ding.
Ramm wollte ihr nun seine Kraft beweisen und sagte:
„Kiek her, min Dirn, nu will ick de Marnitzer in Klump smieten.“
(Schau her, mein Mädchen, nun will ich die Marnitzer in Klump schmeißen.)
Er nahm einen großen Stein und warf ihn.
Aber er hatte all zu steil gezielt.
Der große Felsen kam steil aus der Luft wieder zurück
Und
drückte Ramm selber breit.
Auch die Jungfrau kam mit darunter zu liegen.
Ihre Tränen kommen heute noch unter dem Stein raus und rinnen in dem Bach entlang, von Ramm nach Poltnitz hin.
Das Hexendorf Marnitz
Marnitz ist ein Hexendorf.
Jetzt hat es schon nachgelassen, aber in alten Zeiten wimmelte es nur so im Dorf von Hexen.
Sogar der Priester machte da mit.
Das Pack hat alle Kinder im Namen des Teufels getauft.
Eine Frau hatte durch das Schlüsselloch gesehen,
wie der Teufel dem Pastor bei der Predigt geholfen hatte.
Sie zeigte es an.
Der Priester wurde als Hexenmeister verbrannt.
Die Sage vom Hexenmeister in Marnitz beruht auf einer wahren Begebenheit.
Inwieweit der Marnitzer Pastor Albrecht Lüders selbst dazu beitrug,
dass man ihn für einen Zauberer und Mordbrenner hielt,
lässt sich nicht nachvollziehen.
Der vorherrschende Aberglaube und sein gestörtes Verhältnis
Zur Marnitzer Bevölkerung bewirkten das
Zustandekommen einer Tragödie.
Albert Lüders war Feldprediger, bevor er die Pfarrwitwe in Marnitz
Heiratete und so das Recht übernahm,
als Pfarrer im Ort tätig zu sein.
Er trat im Jahre 1673 sein Amt in Marnitz an und wurde
bereits 1675 zum Tode durch Verbrennen verurteilt.
Seine Hinrichtung erfolgte in Schwerin.